Eine zuverlässige Bremse entscheidet häufig über Sieg oder Niederlage. Ansprechverhalten und Reibwert, Dosierbarkeit, Verschleiß, Fadingstabilität und Temperaturverhalten sollen optimal auf den Einsatzbereich, das Fahrzeug und nicht zuletzt die Präferenzen des Fahrers abgestimmt sein. Die Auswahl an unterschiedlichen Bremsbelagsqualitäten ist gerade bei gängigen Motorsportbremssätteln enorm groß und dementsprechend das Herausfinden der optimalen Kombination mit viel Testarbeit verbunden. Doch der beste Bremsbelag kann nur dann optimal funktionieren, wenn er richtig eingebremst wurde. Dies ist ein Thema, das häufig vernachlässigt wird, und das wir uns daher etwas näher ansehen wollen.
Das korrekte Einfahren von neuen Hochleistungs-Bremsbelägen ist Voraussetzung für eine lange Lebensdauer und die richtige Bremswirkung. Doch warum überhaupt Einbremsen? Es geht zunächst um eine Oberflächenangleichung von Bremsbelag und -scheibe. Darüber hinaus wird eine erste Schicht von Reibmaterial auf die Scheibe gelegt, um bessere Performance zu haben. Und gewisse für die Produktion erforderliche Bestandteile werden beim Einbremsen „ausgebrannt“.
Man sollte dabei beachten, dass während der Einbremsphase möglichst keine neuen Bremsscheiben montiert sein sollten. Wurde auf den alten Scheiben vorher ein anderes Belagsmaterial gefahren, empfiehlt es sich, die Scheiben mit Schleifpapier zu reinigen. Die Bremsbeläge müssen frei und ohne zu klemmen in den Bremssätteln sitzen. Übrigens: auch der Umkehrschluss ist richtig: neue Bremsscheiben sollten immer mit angefahrenen Belägen eingebremst werden.
Die meisten am Markt erhältlichen Bremsbeläge haben einen Reibbelag auf organischer Basis mit gewissen metallischen und/oder keramischen Bestandteilen. Der Einbremsvorgang läuft dabei in 3 Schritten ab. Zunächst müssen die Oberflächen von Bremsscheibe und Bremsbelag aneinander angeglichen werden. Dafür ca. 10 Mal mit mittlerem Bremsdruck von ca. 150 auf 80 km/h bremsen. Zwischen jedem Bremsvorgang sollten ca. 600 bis 800 Meter liegen. Im nächsten Schritt muss das Bremssystem auf Temperatur gebracht werden. Dafür ca. 5 Mal mit mittlerem bis hohem Bremsdruck von ca. 180 auf 60 km/h bremsen (ohne ABS-Auslösung). Zwischen den Bremsvorgängen maximal beschleunigen und danach die Bremse für 3 Minuten bei ca. 100 km/h abkühlen lassen. Im letzten Schritt zur Belagsreinigung mit leichtem Bremsdruck von 150 auf 80 km/h bremsen, danach die Bremse 600 bis 800 Meter abkühlen lassen und den Vorgang 4-5 Mal wiederholen. Danach noch die Bremse in einer Auslaufrunde abkühlen lassen, und der Belag kann anschließend normal belastet werden.
Anders der Ablauf bei Sintermetall-Bremsbelägen (der bekannteste Hersteller ist hier CL-Brakes). Diese benötigen kein thermisches Einbremsen (also schrittweises Erhitzen und wieder Abkühlen wie zuvor beschrieben) sondern lediglich ein mechanisches Einbremsen. Hierzu wird nur ein paar Mal aus mittlerer Geschwindigkeit gebremst, sodass sich die Oberflächen von Belag und Scheibe aneinander angleichen können. Dieser Vorgang ist sehr einfach und kann theoretisch direkt in der Outlap (auf der Rundstrecke) oder der Verbindungsetappe zur ersten Sonderprüfung (im Rallyesport) erfolgen.
Einige Belagshersteller (wie z.B. Pagid Racing) bieten inzwischen auch im Werk eingebremste Bremsbeläge an. Diese werden auf dem Prüfstand mit auf die jeweilige Belagsqualität individuell abgestimmten Programmen eingefahren und sparen dem Motorsportteam somit Zeit und Kosten. Der Einfahrprozess auf der Rennstrecke ist damit dann so einfach wie mit Sintermetallbelägen.
Übrigens: auch bei Bremsscheiben ist das richtige Einbremsen sehr wichtig. Und das läuft etwas anders ab als bei Bremsbelägen, weshalb man wie schon eingangs erwähnt Scheiben und Beläge möglichst nicht gemeinsam einbremsen sollte. Motorsportscheiben werden über ca. 30 km eingebremst, um ein vorzeitiges Auftreten von Rissbildungen zu vermeiden. Für die ersten 15 km aus geringer Geschwindigkeit vorsichtig bremsen, danach für weitere 15 km die Geschwindigkeit bis zum Maximum erhöhen aber noch immer nicht hart bremsen. Am Ende der Einfahrdistanz kann die Bremse dann 2-3 Mal hart belastet werden. Die Scheibentemperatur sollte rund 450 bis 500°C erreichen. Nach dem Einfahren die Bremsscheiben vollständig abkühlen lassen.